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29. März 1933 in Görlitz

Einer der schönsten Plätze in der Stadt Görlitz ist der Postplatz.  Er ist einer dieser ganz besonderen Orte in Görlitz, an dem man auf einen Blick fünf verschiedene Epochen der Architektur sehen kann.  Erstaunlicherweise hat sich dieser Blick in den letzten 100 Jahren kaum verändert. In den letzten drei Jahren, in denen ich daran gearbeitet habe, die ehemaligen jüdischen Einwohner*innen von Görlitz und ihre Familien wieder mit der Stadt zu verbinden, habe ich erfahren, dass dieser Platz für einige auch besonders schwierige Erinnerungen bereithält. Diese Erinnerungen drehen sich größtenteils um das wunderschöne preußische Gerichtsgebäude aus rotem Backstein, das auf dem Platz steht. Heute vor genau 90 Jahren, an einem Mittwoch, geschah in Görlitz etwas einzigartiges und schreckliches

Eine alte Postkarte aus dem Jahr 1910. Die Ansicht sieht erstaunlich gleich aus. Ich wohne in dem weißen Haus auf der linken Seite, und das Gerichtsgebäude ist das große rote Backsteingebäude auf der rechten Seite.

 

 

Beginnen wir mit den Hintergründen, die zu den Ereignissen dieses Tages führten. Bei der Wahl zum 8. Deutschen Reichstag am 5. März 1933 errangen die Nazis 43,9 % der Stimmen, eine Steigerung von fast 10 % gegenüber der Wahl im November. Trotz dieser Verbesserung verfügten die Nazis lediglich über eine einfache, aber immer noch nicht über eine absolute Mehrheit im Reichstag. Am 23. März 1933 brachte der Reichskanzler Adolf Hitler das Ermächtigungsgesetz in den Reichstag ein. Dieses neue Gesetz gab Hitler die Macht, per Dekret zu regieren, anstatt Gesetze durch den Reichstag und den Präsidenten zu verabschieden. Am 24. März 1933 wurde das Gesetz mit einer überwältigenden Mehrheit von 444 Ja- gegenüber 94 Nein-Stimmen verabschiedet. Damit war der Weg endgültig frei, für die nationalsozialistische Diktatur.

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26. März 1933: Einrichtung des "Schutzhaftlagers" Hainewalde im von Kyawschen Schloß

Die Zittauer Nachrichten und Anzeiger berichten: „Hainewalde. Das ehemals von Kyawsche Schloß wurde am Sonntagvormittag [26.3.] von einer Wache des Sturmbannes III/102 besetzt und wird als Lager für die in Schutzhaft genommenen politischen Gefangenen Verwendung finden. Auf dem Schloß wurde die Hakenkreuzfahne gehißt."Unmittelbar nach der Machtergreifung installierten die Nazis ihr verbrecherisches System und schalteten politische Gegner aus. In nahezu jeder Stadt und jeder größeren Gemeinde wurd...

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Verschoben: UNSTERBLICHKEIT DER STERNE

Verb(r)annte Bücher, „verfemte" Komponisten, unsterbliche Biografien. Ein literarisch-musikalischer Abend im Gedenken an die Opfer der deutschlandweiten Bücherverbrennung 1933. Gegen das Vergessen! Die Bücherverbrennung im Frühjahr 1933, die Zerstörung des literarischen und aufklärerischen Geistes, die Vernichtung des modernen geistigen Europas und der Aufbau diffiziler Feindbilder war der lodernde Auftakt der folgenden Barbarei. Der Aufklärung verpflichtete Literatur wurde tonnenweise ins Feuer...

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Verbrannte und verbotene Bücher: Zittaus öffentliche Bibliotheken im Nationalsozialismus

Vorgeschichte 30. Januar bis 5. März 1933 Die Herrschaft der Nationalsozialisten begann am 30. Januar 1933 mit der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler durch den Reichspräsidenten Paul von Hindenburg. Nur zwei Tage später löste Hitler den Reichstag auf und ordnete Neuwahlen für den 5. März an. Dies erfolgte in Absprache mit dem Reichspräsidenten und den Mitgliedern der Regierung, um die Ernennung Hitlers und die Neubildung einer Regierung durch eine demokratische Wahl legitimieren zu lassen...

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UNSICHTBARE SYNAGOGEN

Fotografien von Štěpán Bartoš Am Donnerstag, den 26. Januar, fand in der Kulturkneipe Jolesch in Zittau die Vernissage der Fotografien "Unsichtbare Synagoge" statt. Die Ausstellung präsentiert fast 20 originale, mechanisch bearbeitete Fotografien des ostböhmischen Fotografen Štěpán Bartos, der Orte in der Tschechischen Republik vorstellt, an denen früher jüdische Synagogen standen. An der Eröffnung nahm nicht nur der Künstler selbst teil, er wurde auch durch einen thematischen Vortrag über die j...

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28.3. - "Nieder mit Hitler" - eine Live-Comic-Lesung

Wir laden recht herzlich zu einer ganz besonderen Veranstaltung ins Kronenkino Zittau ein. Dienstag, 28. März um 19.30Uhr (Eintritt kostenfrei). Zum Inhalt: Plötzlich fällt Karl alles wieder ein. Der Sommer 1943. Der Frust über die deutsche Niederlage bei Stalingrad. Und die todesmutige Idee, Hitler zu stürzen. Karl und seine Schulfreunde verteilen Flugblätter gegen die Nazis, werden von der Gestapo verhaftet und eingesperrt. Mit Glückentgehen sie der Todesstrafe. Das alles ist fast 20 Jahre her...

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Dokumentation: Redebeitrag zum Protest gegen die Mahnwache am 2. Februar 2023

Anlässlich des Jahrestages der Kapitulation der Deutschen Wehrmacht bei Stalingrad vor achtzig Jahren rief der Zittauer Ableger von PEGIDA am 2. Februar 2023 zu einer Mahnwache vor dem Gerhart-Hauptmann-Theater auf. Der Anmelder der Mahnwache Thomas Walde bewarb seine Veranstaltung unter anderem am Montag, den 30. Januar 2023 im Programm der Kundgebung des Bürgerbündnisses Grüner Ring auf dem Zittauer Marktplatz. Walde meint(e), mit der Erinnerung an die Katastrophe von Stalingrad gegen die mili...

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30. Januar 1933: „Machtergreifung“ oder die Bedingungen der Möglichkeit der nationalsozialistischen Diktatur

Machtübergabe Ende Januar 1933 geht alles plötzlich ganz schnell. Die Deutschnationale Volkspartei (DNVP) entzog am 26. Januar dem maßgeblich von ihnen gestützten amtierenden Reichskanzler Kurt von Schleicher das Vertrauen. Dieser wandte sich daraufhin an den Reichspräsidenten Paul von Hindenburg. Von Schleicher wollte den widerspenstigen Reichstag auflösen, jedoch ohne Neuwahlen anzusetzen und mit weitreichenden Vollmachten das Deutsche Reich regieren. Das wäre einem Staatstreich gleichgekommen...

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Neujahrsgrüße aus Tschechien und der Slowakei

 

Jeder Jahreswechsel ist ein bedeutender Meilenstein, aber dieser ist für zwei kleine Länder im Herzen Europas in einer anderen Hinsicht einzigartig - vor genau 30 Jahren begann nämlich ihre Existenz. Der 31.12.1992 war der letzte Tag, an dem der Staat "Tschechoslowakei" offiziell auf der Landkarte existierte. Dabei war er erst 74 Jahre zuvor auf sie gekommen.

 

 

 

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PfD 2022: Demokratiearbeit in Görlitz und Zittau

Die Tage des Jahres 2022 sind gezählt. Irgendwo zwischen Spotify-Jahresrückblick, dem Gefühl, vom Jahresende doch wieder überrumpelt worden zu sein und den Ereignissen der letzten Monate verortet sich vielleicht zur Zeit jede:r selbst und lässt die Herausforderungen und Highlights Revue passieren.  Auch die Partnerschaften für Demokratien in Görlitz und Zittau blicken gemeinsam mit den Projektträgern auf das vergangene Jahr. Pfd Zittau und Görlitz auf Facebook


In den Top 10 der Google-Schlagzeilen-Suche geben sich dieses Jahr humanitäre Katastrophen, internationale Krisen und gesellschaftliche Auseinandersetzungen die Klinke in die Hand. Diskutiert haben wir dieses Jahr u.a. unter den Schlagworten Ukraine, Affenpocken, 9-Euro-Ticket, Hitzewarnung, Layla, Will Smith, Taiwan, Energiepauschale, Katar und Bürgergeld darüber, wie wir respektvoll und nachhaltig miteinander leben wollen.

 
Ob auf den großen Bühnen des Landes und der Welt oder in der Familie, unter Freund:innen oder Kolleg:innen, die Themen polarisieren und werden mal mehr mal weniger hitzig diskutiert. Auch in Görlitz und Zittau traten diese Auseinandersetzungen öffentlich in Beiträgen und Kommentaren auf Social Media Plattformen und bei den allmontäglich stattfindenden Versammlungen zu Tage. Kritisches Hinterfragen verliert sich dabei mehr und mehr in menschen- und demokratiefeindlichen Äußerungen. Der Gefahr durch terroristische Untergrundgruppen wird dabei zum Beispiel weniger Bedeutung beigemessen als den potenziellen Bedrohungen durch die Digitalisierung im Gesundheitsbereich. Das Beherrschen des rhetorischen Einmaleins überzeugt die Teilnehmenden dabei offenbar mehr vom Durchschauen gelenkter Aktionen „von oben“ als tiefgründigeres Recherchieren komplexer Zusammenhänge. Dabei kann der Eindruck entstehen, dass die Lauten auch breites Gehör finden.


So viele Menschen im Landkreis setzten sich aber für Demokratie und Vielfalt ein, so viele wählen nicht die Abkürzung über Verschwörungserzählungen und nehmen sich Zeit, einander zuzuhören und Missstände anzupacken.


In Görlitz und Zittau haben 2022 zahlreiche Engagierte aus der Zivilgesellschaft, der kommunalen Politik und der Verwaltung Projekte realisiert, die genau hier ansetzen. Zusammen mit den Partnerschaften für Demokratie Görlitz und Zittau wurden in 34 Projekten mehr als 9500 Personen erreicht. Die Mitarbeiter:innen der federführenden Ämter, der Koordinierungs- und Fachstellen und die Mitglieder der Begleitausschüsse der PfD Görlitz und Zittau danken den 21 nichtstaatlichen Organisationen, die für ihre Städte losgegangen sind, Förderanträge bei den PfDen gestellt und ihre Ideen umgesetzt haben. Durch euch waren in unseren Städten die Schlagworte Jugendbeteiligung, queer-feministisches Empowerment, historisch-politische Bildung, Resilienzstärkung, Nachhaltigkeit, internationale Begegnung und Geflüchteten-Support auf der Agenda. Durch sie wird das Bild eines präsenten unsolidarischen Lagers nach außen abgeschwächt. Durch sie bleiben Görlitz und Zittau lebenswerte Städte, in denen vielfältiges, gewaltfreies und demokratisches Miteinander gelebt wird.

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Fachstelle für historisch-politische Bildung