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Geschichten der Befreiung

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Auf dem Friedhof im polnischen Sieniawka steht ein Grabstein, dessen Inschrift auf Hebräisch Benjamin Zeev Schneider, seiner Frau Mirijam sowie ihren Töchtern Bluma, Rahel und Zeporah gedenkt. Es ist das einzige jüdische Grab auf diesem katholischen Friedhof. Benjamin Schneider starb am 22. Mai 1945 im Konzentrationslager Großrosen. Zusammen mit seinem Sohn Alexander musste er hier zuletzt für die Junkers Flugzeugwerke in Zittau Zwangsarbeit leisten. Am 8./9. Mai 1945 wurden Benjamin Zeev Schneider und sein Sohn von der Roten Armee befreit. Doch der Vater war von dem Martyrium der vorherigen Jahre schwer krank und geschwächt. Er starb nur zwei Wochen nach der Befreiung.

Vor seinem Tod hatte Benjamin Zeev Schneider seinen Sohn Alexander gebeten, ihn nach jüdischem Brauch zu begraben. Um ihm diesen letzten Wunsch zu erfüllen, begrub Alexander seinen Vater auf dem nah gelegenen Friedhof in Kleinschönau, markierte die Stelle und nahm sich vor, so bald wie möglich zurückzukehren.

Der Vater hatte seinem Sohn auch aufgetragen, die Familie zu suchen. Der damals nur 13-jährige Alexander Schneider machte sich also in dieser frühesten Nachkriegszeit auf den Weg in seinen Geburtsort Kosyno. Als Alexander 1932 als Sohn des Weinbauern Benjamin Zeev Schneider und dessen Frau Mirijam dort das Licht der Welt erblickte, war Kosyno ein Schtetl, d. h. eine Siedlung mit überwiegend jüdischer Bevölkerung. Er war das dritte von insgesamt sechs Kindern, hatte zwei ältere und drei jüngere Schwestern. Alexander erlebte hier eine schöne Kindheit, an die er sich gern erinnerte. Dieses Glück endete, als ungarischen Truppen im März 1938 den Teil der Tschechoslowakei annektierten, in dem auch Kosyno seit dem Ersten Weltkrieg lag.

Im Laufe des Zweiten Weltkriegs besetzte schließlich das Deutsche Reich weite Teile Osteuropas, 1944 Ungarn und damit auch Kosyno. Die in Ungarn lebenden Jüdinnen und Juden wurden von der deutschen Geheimen Staatspolizei in Gettos gesperrt, mit Zügen in Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert und dort millionenfach ermordet. Alexander wurde zusammen mit seinem Vater, der Mutter, fünf Schwestern und weiteren Verwandten nach Auschwitz deportiert.

In Auschwitz wurden die Männer und Frauen der Familie getrennt. Vater und Sohn werden in das Zwangsarbeiterlager Plaszow deportiert. Weltweite Bekanntheit erlangte diese Lager durch Steven Spielbergs Spielfilm Schindlers Liste. In dem Film werden auch die grausamen Verbrechen des Lagerkommandanten Amon Göth gezeigt, die Alexander Schneider selbst erlebt hat. 1995 berichtet er in einem Interview unter anderem von dieser höchst traumatischen Erfahrung. Dabei wird auch deutlich, dass ihn diese Ereignisse bis ins hohe Alter verfolgt haben. Noch Jahrzehnte später zuckte er jedes Mal zusammen, wenn etwa auf Flughäfen oder Bahnhöfen Durchsagen ertönten, weil diese ihn an die Lautsprecherdurchsagen im Konzentrationslager erinnerten.

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Fachstelle für historisch-politische Bildung